Resolution der WHO zur Einsamkeit – was läuft in der Schweiz?
Thema: Gesundheit
Soziale Gesundheit als «fehlende Säule» (WHO, 2025)

Die Weltgesundheitsorganisation WHO bezeichnet Einsamkeit als eine globale Herausforderung für die Gesundheit. In einer Resolution fordert sie ihre Mitgliedsstaaten auf, den sozialen Zusammenhalt zu fördern. Schwere und dauerhafte Einsamkeit schadet der Gesundheit und verkürzt das Leben. Die Weltgesundheitsorganisation WHO rechnet mit weltweit 871.000 Todesfällen pro Jahr, die durch Einsamkeit verursacht werden.
Ein lesenswerter Bericht der WHO geht darauf ein, wie viele Menschen weltweit betroffen sind, welche Ursachen und Auswirkungen bekannt sind und wie man das Problem angehen kann. Für den Verein «connect!» haben wir den WHO-Bericht gelesen und Impulse herausgearbeitet, die für ältere Menschen in der Schweiz bedeutsam sind.
Verbreitet ist Einsamkeit vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen – und im hohen Alter. Warum sind überdurchschnittlich viele Menschen im höheren Alter einsam? Einschneidende Lebensereignisse wie Trauerfälle erhöhen das Risiko. Schwere und chronische Krankheiten – neben körperliche Erkrankungen auch Depressionen und Demenz – können die Teilnahme an alltäglichen Aktivitäten und sozialen Kontakten einschränken. Dazu kommt, dass sich mit zunehmendem Alter die Erwartungen verändern: Für ältere Menschen ist es gemäss Umfragen besonders wichtig, sinnvoll zur Gemeinschaft beitragen zu können. Umgekehrt erwarten sie, wertgeschätzt und einbezogen zu werden. Altersdiskriminierung trägt also zur Einsamkeit bei.
Was tun? Die Einstellung spielt eine Rolle. Unabhängig vom Alter können wir unsere persönlichen Einstellungen und soziale Kompetenz trainieren. Dafür gibt es zahlreiche Angebote, auch Apps. Oft ist eine Psychotherapie hilfreich. Das haben Studien gezeigt.
Das reicht aber nicht. Das Umfeld, die Wohngemeinde und die Gesellschaft können wesentlich zur Vorbeugung von Einsamkeit beitragen. Einladend gestaltete, kostengünstige und leicht erreichbare Einrichtungen und Veranstaltungen erlauben den Aufbau von Kontakten, zum Beispiel Bewegungskurse und Musikvereine. Für einsame Menschen sind vertiefte, langfristige Beziehungen besonders wichtig. Diese entstehen durch grundlegende Veränderungen im Umgang miteinander, wie es zum Beispiel die «Caring Communities» anstreben.
Zur Prävention von Einsamkeit tragen auch gesellschaftliche Veränderungen bei. Der Kampf gegen Vorurteile und Diskriminierung sorgt dafür, dass sich weniger Menschen ausgeschlossen fühlen. Menschen mit Behinderungen brauchen uneingeschränkten Zugang zum öffentlichen Verkehr. Organisationen der Migrationsbevölkerung brauchen Anerkennung als wichtige Akteure der Gemeinden im Freiwilligenengagement. Die Erfahrungen von Menschen, die Einsamkeit erlebt haben, sollen in die Entwicklung entsprechender Strategien einfliessen.
Seit einigen Jahren gibt es das so genannte «Social Prescribing», bei dem eine Ärztin oder ein Arzt ein Rezept für soziale Aktivitäten ausstellt und ein so genannter «Link Worker» die Vermittlung von Angeboten und den Beziehungsaufbau übernimmt. In England wird Social Prescribing schon breit eingesetzt, in der Schweiz gibt es Pilotversuche, unter anderem in der Stadt Zürich. Entscheidend ist, dass die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsversorgung und Sozialwesen neu gedacht wird. Denn das Sozialleben spielt eine entscheidende Rolle für Gesundheit und Wohlbefinden.
Mehr zur Einsamkeit und «connect!» folgt in den nächsten Wochen.
Thomas Pfluger, Co-Programmleiter / Eva Kreuzer, Projektleiterin, von «connect! – gemeinsam weniger einsam»
Der Verein «connect!» setzt sich zusammen mit seinem Netzwerk dafür ein, Einsamkeit in der Schweiz vorzubeugen und zu vermindern. Zurzeit liegt der Schwerpunkt von «connect!» auf Einsamkeit im Alter.
Weitere Informationen:
www.who.int/groups/commission-on-social-connection/report/ www.ch-connect.ch