«malreden» ermöglicht den ersten Schritt aus der Einsamkeit
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Einsamkeit ist weit verbreitet, im höheren Alter insbesondere.
Einsamkeit ist ein Tabuthema und über Einsamkeitsgefühle zu reden braucht Überwindung. Darüber zu reden aber wäre wichtig. Denn Einsamkeit macht auf die Dauer krank. Das kostenlose Telefonangebot «malreden» will hier Abhilfe schaffen.
«Es tut mir gut, überhaupt mit jemandem reden zu können» solche und ähnliche Sätze bekommen die rund 60 Freiwilligen, die den kostenlosen Telefondienst von malreden betreuen, sehr oft zu hören. Die Anrufenden zählen zu jenem Viertel der Senioren und Seniorinnen in der Schweiz, die sich manchmal bis häufig einsam fühlt. Es sind grossmehrheitlich Frauen, die anrufen. Dies weil es im Alter aufgrund der längeren Lebenserwartung mehr Frauen gibt und weil sie im Gegensatz zu Männern vermehrt alleinlebend sind. Aber auch weil Frauen sich eher getrauen, über Probleme zu sprechen. Im letzten Jahr haben 7’690 Personen das Telefonangebot von malreden benutzt. Seit der Schaffung des Angebots im Jahr 2021 steigen die Zahlen unaufhaltsam.
malreden ist ein Telefonangebot für ältere Menschen, die sich einsam fühlen und wieder mal mit jemandem reden möchten. Geschulte Freiwillige hören zu, schenken Zeit, bieten eine Gelegenheit zum Austausch an, nehmen Anteil und ermutigen zur Selbsthilfe. Das Angebot ist niederschwellig, denn es ist täglich von 9 bis 20 Uhr da, kostenlos, anonym und vertraulich. Das Projekt malreden wird getragen vom gemeinnützigen Verein Silbernetz Schweiz, finanziert wird es durch verschiedene Stiftungen und durch Leistungsaufträge mit Kantonen und Gemeinden. Das Angebot ist vorerst auf die deutschsprachige Schweiz begrenzt, eine Ausweitung auf die Romandie und das Tessin ist geplant.
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Individualisierung, Singularisierung und Unverbindlichkeit sozialer Kontakte in unserer Gesellschaft, sind Angebote wie malreden von entscheidender Bedeutung. Sie lindern nicht nur individuelles Leiden, sondern leisten einen bedeutsamen Public Health Beitrag. Denn chronische Einsamkeit ist assoziiert mit einer schlechteren körperlichen, psychischen und kognitiven Gesundheit. Sie verdoppelt beispielsweise das Risiko an Alzheimer zu erkranken. Damit verursacht Einsamkeit auch hohe Gesundheitskosten und ist somit von gesellschaftlicher Relevanz.
Aber wird diese Dringlichkeit gesellschaftlich und politisch auch erkannt? Bislang jedenfalls werden die meisten Angebote gegen Einsamkeit von der Zivilgesellschaft getragen. Auf die Dauer ist das eine grosse Herausforderung. Denn die Nachfrage wird sich in Zukunft mit Gewissheit steigern – die Zahl hochaltriger Menschen, die grösste Risikogruppe für Einsamkeit, nimmt stetig und bedeutsam zu.
Einstweilen sind wir daher froh, das Angebot malreden anbieten können. Ein Tropfen auf einem heissen Stein, gewiss, aber ein Modell, das Schule macht und Unterstützung verdient.
Prof. em. Dr. Pasqualina Perrig-Chiello, Präsidentin des Vereins «Silbernetz Schweiz» und des Netzwerkes «connect! – gemeinsam weniger einsam»